berthold passt immer

It's the city


Mit "Soul and the City" könnte man plakativ überschreiben, was Ulita Knaus auf ihrem vierten Album singt. Die zwölf schönen neuen Stadtgeschichten der Hamburger Sängerin und Songschreiberin sind eindeutig soulful, ambivalent städtisch und vor allem subtil und sinnlich. Und ebenso sonder- wie wunderbar. Mit der erdverbundenen Eleganz ihrer "angenehm unangestrengten Stimme" (kulturSpiegel), herrlich harmonisierenden Backgroundchören und ihrer gut eingegrooveten Band, präsentiert sich Ulita Knaus auf diesem Album von ihren besten Seiten.

Natürlich sind die Songs originell und gut, das erwartet man mittlerweile. Natürlich ist ihre Band mit Mischa Schumann am Klavier, Fender Rhodes oder Wurlitzer, Gerold Donker an Kontra- und E-Bass und Heinz Lichius an Drums und Percussion bestens eingespielt - wie sollte es bei den vielen gemeinsamen Konzerten der letzten fünf Jahre auch anders sein. Doch so frei und selbstsicher wie die immer schon intonations- und improvisationsbegnadete Ulita Knaus hier singt, wie sie schwerelos phrasiert, wie jeder Ton sitzt und swingt, immer mit Können und Gefühlen im Gleichgewicht, das ist eine deutlich hörbare Entwicklung. Und spannend obendrein. "Es ist ein bisschen R&Biger", sagt die Sängerin, anfangs noch ein wenig zögerlich. ?Neben den Jazzladies und etlichen Latin-Sachen habe ich sehr viel Soul gehört. In den letzten Jahren immer mehr: Jill Scott und D'Angelo, Angie Stone und Chaka Khan, Aretha Franklin und James Brown. Das ist einfach immer schon meine Musik gewesen."

Glücklicherweise ist "It's The City" trotzdem keine ehrerbietige Hommage, kein Konzeptalbum im kopierenden Sinne, sondern vielmehr die individuelle Interpretation dieser beseelten Einflüsse. Der gut einstündige Trip geht von der abgehangenen Midtempo-Hymne "Too Hot To Ignore" über den kosmopolitisch korrekten Latingroove "World Wide" oder das knapp sieben Minuten brodelnde Titelstück zu wunderschönen Balladen wie "Secret" oder "Welcome", die Ulita ihrem neugeborenen Sohn widmet. Diese faszinierende, vielschichtige und eigenständige Musik ist ein ebenso konsequenter wie mutiger Schritt. Glücklicherweise geht er in die richtige Richtung: Zu mehr Individualität und Selbstbewusstsein.

Ulita Knaus hat sich und ihren Sound gefunden, wie sie in "The Way Back Home" singt: "The meaning of life/ no longer is a mystery / here my life's as good as can be / here I am grounded and renewed". Nur wer ehrlich mit sich selbst ist, kann auch authentische Musik machen. "Wer erwartet hat, dass es immer so sanft und jazzy weitergeht hat mich vielleicht einfach nicht begriffen", meint Ulita. Denn genau das ist natürlich das Erfolgsrezept dieses Album: Mit "It's The City" befreit sich Ulita Knaus von falschen Erwartungen und geht leidenschaftlich und intensiv ihren richtigen musikalischen Weg. In die Stadt, durch die Stadt, aus der Stadt - immer mit Herz und Seele.



Ulita Kaus, Sea Journey



Reisen bildet. Es bildet aber auch um, also verändert, weil es, laut Alain de Botton in "Die Kunst des Reisens", die Zeit markiert, "in der Leute ihre Gemütsverfassung ändern, weil sich ihre Umgebung ändert". Das trifft in vielfacher Hinsicht auch auf das neue Album der Sängerin und Komponistin Ulita Knaus zu. "Sea Journey", zumindest teilweise unterwegs geschrieben und ganz in einer urlaubsartigen Woche im fattoria-musica Studio in Osnabrück aufgenommen, nimmt den Zuhörer mit auf eine Reise. Oder auf einen Trip. Vielleicht aber auch auf eine erholsame Exkursion. Entspannt gemacht und spannend zu erleben, so gekonnt geplant, dass sich eben deshalb ein mitreißender Hörfluss ergibt, ist "Sea Journey" viel mehr als nur das dritte, noch bessere Album einer überaus talentierten und versierten Jazzsängerin und Songschreiberin. Es bündelt die Summe der Erfahrungen der 36-jährigen Wahlhamburgerin, ihre frühe Liebe zu Latin ebenso wie ihre große Leidenschaft für den Jazz, die Cluberfahrungen mit ihrer eigenen

Band genauso wie die Showgigs mit ihrem Soul Ladies Trio und die Arbeit mit dem JazzHausOrchester Hamburg.

Die Reise geht von überzeugenden Arrangements von Chick Coreas "Sea Journey", Lenny Kravitz "LetLove Rule" oder Gerry Raffertys "Baker Street" zu Eigenkompositionen wie dem beswingenden "Four On The Floor", dem bezaubernden "Autumn Storms" oder dem besinnlichen "Through Patience". Dazu kommen nicht weniger inspirierte Interpretationen ausgesuchter Standards, etwa Jule Stynes "I Fall In Love Too Easily", Al Jarreaus "Fly" und auch "Good Morning Heartache".

Ulita Knaus und ihre Band, diesmal mit Gästen wie der Gitarristin Sandra Hempel, dem Perkussionisten Marcio Doctor und vier fantastischen Hörnern, sind an "Sea Journey" gewachsen. Die verändernde Reise der letzten Jahre, die überwältigenden Reaktionen auf "So Lost Like Peace" und die zahlreichen Auftritte, haben der Musik hörbar gut getan. Noch wirksamer haben Ulita Knaus und Mischa Schumann, Pianist und Arrangeur, Gerold Donker, Bass,

und Heinz Lichius, drums, ihren eigenen Sound kultiviert. Die eigene Stimme, die die Leaderin schon auf den beiden Vorgängeralben eindrucksvoll unter Beweis stellte, kommt hier noch souveräner zur Geltung. Zum Wohl der Musik und zum Genuss für alle, die "Sea Journey" erfahren.

"Es geht bei diesem Album tatsächlich meistens ums Reisen oder zumindest um eine bewegte Suche", meint Ulita Knaus. "Vielleicht manchmal eher unbewusst, aber trotzdem ganz deutlich. Ebenso deutlich hat dieses Album eine gewisse Leichtigkeit und eine positive Grundhaltung. Das letzte Album war ja eher düster." Sie legt den Kopf schief, und sagt etwas zögerlich, so als würde sie die Worte noch ausprobieren: "Und am Ende wird alles gut."

Tatsächlich war der Weg zu diesem "leichteren" Album, das es trotz all seiner subtilen Songkonstruktionen und der nicht immer nur fröhlichen Texte sicherlich ist, nicht ganz so leicht. Nicht nur, weil der Erfolg des vorhergehenden Albums auch neue Arbeit und Aufmerksamkeit mit sich brachte. Und obwohl auch weitere Musikprojekte beanspruchend sind, waren auch sie nicht der alleinige Grund, warum die Anfänge von "Sea Journey" eher

beschwerlich waren. "Da war dieser Druck, dass ich jetzt neue Stücke für mein Album schreiben muss. Und auf einmal ging nichts mehr", erinnert sich Ulita Knaus. "Ich habe unheimlich viele Stücke verworfen, einfach mittendrin abgebrochen und weggeschmissen. Weil ich einfach nichts mehr gefühlt habe. Irgendwann habe ich mich selbst von der Idee gelöst, dass ich nur

eigene Stücke machen darf. Als ich dann auf "Sea Journey" und "Let Love Rule" kam, die ich ja schon lange kannte und mochte, habe ich mich auf einmal so wohl gefühlt, war so entspannt, dass dann auch wieder eigene Stücke kamen." Nicht zuletzt war es auch ihre Band, die ihr den Rücken gestärkt hat. Allen voran ihr kongenial zuarbeitender Pianist und Arrangeur Mischa Schumann. "Mischa war total cool", sagt sie. "Wann immer ich meinte: "Kannst Du Dir das vorstellen?", etwa ein sehr langsames "Baker Street" oder "Let Love Rule" als Hippie-Jazz-Hymne, meinte er: "Klar, kriegen wir hin." Eine Woche später hatte ich eine Nachricht von ihm auf dem Anrufbeantworter, nur ein kurzes "Hör mal" und ein paar Pianoakkorde. Mischa fand einfach immer genau die richtigen Arrangements." Nicht nur für die findigen Versionen und die fabelhaften Arrangements der Popklassiker "Baker Street", von Ulita eher zufällig im Radio wieder entdeckt, oder des

programmatischen "Let Love Rule" ihres liebsten Rockstars Lenny Kravitz. Auch und besonders bei den immerhin sechs Originals, also - von wegen Schreibblockade! - fast der Hälfte des Albums, wird Schumanns Handschrift deutlich. Alle originalen Texte und, bis auf die der drei Kollaborationen mit dem Pianisten, auch alle neuen Melodien stammen natürlich von Ulita Knaus. "Ich hatte mir vorgenommen, diesmal nichts zu Persönliches zu schreiben", erzählt sie. "Das letzte Album war ja schon eine sehr individuelle und

teilweise eben auch sehr düstere Angelegenheit. Die neuen Songs sind deshalb natürlich nicht immer nur voll Glück und Zufriedenheit. "Down Here" und "To Sit Alone" sind sicherlich nachdenklich, "Autumn Storms", das ich direkt nach der Tsunami-Katastrophe geschrieben habe, ist vielleicht sogar

resigniert. Aber obwohl auch diesmal alle Songs von eigenen Geschichten inspiriert sind, repräsentieren sie nicht unbedingt nur meine eigenen Gefühle und Erlebnisse." Komplett autobiographisch sind allerdings das ansteckend swingende "Four On The Floor", das Ulita Knaus über und für ihre besten Freundinnen und Sängerkolleginnen Pidi, Anna und Biggi geschrieben hat, und ihr Meereslied "The Blue And Me". "Anfang des Jahres, als mir hier

in Hamburg alles zu grau und eng wurde, bin ich für zwei Wochen nach Ägypten gefahren", erzählt sie. "Als ich da am roten Meer am Strand saß oder auch mal mit den Fischen schnorchelte, kamen mir auf einmal lauter Texte in den Sinn." Wieder fügt sie einen probierenden Nachsatz an: "Rechtzeitig Urlaub zu machen, kann ich nur Jedem empfehlen."

Wie anfangs schon erwähnt, ist dieses Album auch Ulita Knaus erste Zusammenarbeit mit Sandra Hempel. Die mittlerweile wieder in Hamburg lebende Gitarristin, die lange Zeit in New York studierte, etwa mit Kurt Rosenwinkel, bereichert nicht nur den Gesamtklang des Ensembles. Man bemerkt ihre gitarristischen Beiträge zwar auf allen Songs, doch selten so einleuchtend wie bei "Good Morning Heartache" oder dem "Fun Track" "Money For Nothing". Dabei könnten die Songs und ihre Versionen unterschiedlicher nicht sein: Letzteres, ein Hit der Dire Straits, rockt zum Schluss als rougher

7/8tel Groove, das bittersüße, traurig faule und selten so sinnlich gesungene "Good Morning Heartache" schließt den Bogen von alten Weisen zu neuen Weisheiten. "Natürlich ist es anders, wenn da noch eine Frau in der Band ist", sagt Ulita Knaus. "Dabei sind es eher Kleinigkeiten, die sich positiv bemerkbar machen. Die Art, miteinander umzugehen ist anders. Und auch die Art zu musizieren. Ich kannte Sandra noch vom Studium in Holland. Obwohl wir uns da nur ein paar Mal über den Weg gelaufen sind. Eigentlich war sie auch jetzt nur für drei oder vier Stücke angedacht. Aber sie hat

nicht nur lauter verschiedene Gitarren mitgebracht, sondern sich auch immer sehr eingebracht. Es hat ihr selbst auch sehr viel Spaß gebracht. Sie war ganz einfach die richtigeFrau zur rechten Zeit am richtigen Ort!"

Dass "Sea Journey" nicht nur allen Beteiligten, sondern auch seinen Hörern Freude bereitet, steht außer Zweifel. Ebenso, dass dieses Album nicht nur Ergebnis sondern auch Ursache einer Weiterentwicklung seiner Schöpferin und Interpretin ist. "Die unterschiedlichen Stilistiken, die mich beeinflusst haben, sind ein Bestandteil meines eigenen Stils geworden", sagt Ulita Knaus.

"Ich glaube, dass ich mit "Sea Journey" meine sängerische Persönlichkeit auf den Punkt gebracht habe". Schon beim Debütalbum "Cuisa" bezeichnete "Allegra" Ulita Knaus als "Deutschlands talentierteste  nachwuchsjazzsängerin". Über "So lost like Peace" hieß es: "Hamburgs edelste Jazzstimme" (Hamburger Morgenpost), beweist mit dieser "Offenbarung" (Für Sie), die nicht nur "sehr verführerisch" (Focus) sondern vor allem "wunderschön gesungen und grandios gespielt" (Brigitte) ist, "dass Gesangstalente nicht nur in Skandinavien blühen"(KulturSPIEGEL), kurz "man möchte sie nicht mehr missen" (FAZ). Mit ihrem unwiderstehlichen dritten Album "Sea Journey" zeigt Ulita Knaus erneut und mehr denn je ihre

Individualität und Internationalität, ihre Kunst und ihr Können. Und illustriert, ganz nebenbei, dass Reisen bildet.

 

Ulita Knaus: Sea Journey (MM 801119)

Vertrieb: In-Akustik

 


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