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Milla Kay
Milla Kay - Out Of Place

Out Of Place

 

Mit Musik geht alles besser, lautet die Volksmundformel. Je besser die Musik, umso besser geht's. Das beweist Milla Kay mit ihrem wunderbaren Debütalbum "Out Of Place". Weil diese elf Stücke anregen und erregen, weil sie sogar im besten Sinne auf- oder abregen können. Weil sie melancholisch stimmen, im richtigen Augenblick ein Lachen auf die Lippen, ein Zucken ins Tanzknie oder empathische Glückströnen in die Augenwinkel zaubern. Vom herzhaften Disco-Swing des "Liftboy" über lässige Bossa Nova wie "Poles", das elektronischste "Speak Low", das sich Kurt Weill hätte wünschen können, oder das poppig sommerliche "I am late", inklusive geschmackvollem  "Dubadidamdam"-Chorus, bis zum "rhythm & bluesy" klingenden "Companion" findet der anspruchsvolle Musikfreund hier elf paradiesische, potentielle Lieblingslieder. Ansteckend melodiös rufen sie förmlich nach einem Radio, das sie spielt. Man kann das natürlich akustischen Pop nennen und trotzdem die eleganten Elektronica im Hintergrund spüren. Man wird diese samtene Frauenstimme, die Poesie der Texte und die angenehm vereinnahmten Stilelemente aus Jazz, Folk, Bossa Nova, Country, Blues und Soul loben. Vor allem aber wird man Milla Kay und ihre Musik hören wollen. Je öfter, desto besser. Schon vor ein paar Jahren fühlte sich Milla Kay "out of place", verließ ihre bürgerlichen Berufswege und bog nach Hamburg ab, um Musik zu machen. Zusammen mit ihrem Gefährten Hauke Kliem jobbte sie zwischen Studio und Bandbühne, schrieb Songs und machte Demos - bald sogar professionell, Dank eines Publishingdeals mit Warner Chappell. Mittlerweile ist das Paar ein ziemlich eingespieltes Produzenten-Duo, das neben Auftragskompositionen mit diesem Album nun die eigenen musikalischen Ideen verfolgt. "Eigentlich kommt Milla meistens mit einem Impuls, oft auch mit einem fertigen Stück", erzählt Hauke. "Ich komponiere auf der Gitarre", meint Milla mit offenem Lachen und bescheidenem Blick zu Hauke, dem eigentlichen Saiten-Experten. "Anfangs ist da immer eine Melodie und dazu singe ich ein Textgefühl, die fertigen Zeilen kommen also erst später. Beim Arrangieren und Produzieren toben wir uns dann beide aus, wobei Hauke die Akkordfarben und Grooves entwickelt." Dabei bedient der versierte Gitarrist und Multi-Instrumentalist auch gerne mal das Fender Rhodes oder baut Beats. Milla seufzt, so theatralisch, dass sie anschließend gleich wieder lachen muss. "Ich hab eigentlich schon immer gespürt, dass da eine musikalische Pflanze ist, die raus willl, aber es hat eben etwas gedauert. Wir sind ja Spätzünder, mit Mitte dreißig und dem Debutalbum. Aber das Schöne daran ist, dass wir heute viel lockerer mit der eigenen Kunst  umgehen. Ich weiß allmählich, was zu meiner Stimme und zu mir passt. All das hat sich erst im Lauf der Zeit herausgeschält." Und diese Stimme passt, so scheint es, zu ihrem entspannten, einnehmenden Naturell. Weil sie mittlerweile die in ihrer Ruhe liegende Kraft gefunden hat, weiß Milla Kay ihre Stimme ideal einzusetzen. Luftig und zurückgelehnt, aber auch eigenwillig und nach vorn Facetten, die sie in ihren eigenen Liedern und beim interpretieren persönlicher Favoriten aus dem "Great American Songbook", wie etwa "Speak Low" oder "Cry Me A River", zeigt.

Für die Produktion ihres Debütalbums zog es Milla und Hauke in die inspirierende Metropole London. "Und weil wir zu der Zeit noch keine Band hatten und unsere Stücke mit einem Live-Schlagzeug und Kontrabass umsetzen wollten, sind wir einfach mal einen Monat lang durch die Clubs gezogen und haben uns Musiker angehört - und ausgesucht", erzählt Milla. "Gleich am ersten Abend im '606 Club' haben wir den Bassisten Mark Hodgson getroffen, der schon mit Jamie Cullum und Billy Cobham gespielt hat, und haben ihm einfach unser Demo in die Hand gedrückt. Er war, wie alle anderen übrigens auch, sehr offen und hatte Lust mitzumachen, sodass wir uns direkt am nächsten Tag spontan für Aufnahmen verabredet haben." Aus dieser ersten Aktion entstanden weitere spannende Kontakte und so waren die beiden immer mal wieder im "z noise recording studio" ihres alten Freundes Robert King, um mit Bassist Hodgson und etwa Nick Smart (Trompete), Julian Siegel (Saxophon), den Schlagzeugern Simon Lea und Winston Clifford und auf drei Stücken sogar mit dem herrlich einfühlsamen "Aaron String Quartet" diese elf märchenhaften Songs aufzunehmen.

 

"I Guess I Got Lost", das entspannte Eröffnungsstatement, ist ein erfrischend eigener One-Note-Samba mit der herrlich missverständlichen Zeile "You're always in my head, but I guess that I got lost instead in your head". Und dann, in der Bridge: "You didn't keep your word so keep out of my mind." Aua. "Out Of Place" schwingt in melancholischem Walzertempo, fühlbar Sinn suchend und doch hoffnungsvoll. Der "Liftboy" zeigt sich als Discofunkbursche mit gestopften Swingbläsern. "Speak Low" bekommt zum Kontrabass und dieser sanften, tiefen Stimme ein paar 'blips' und 'clicks' aus dem elektronischen Werkzeugkasten. "Poles" ist ein Bossa Nova mit tiefen Fender Rhodes-Bässen, der, wie Milla im Konzert gerne betont, nicht zwei sich gegenüber sitzende Polen sondern entgegen gesetzte Pole beschreibt. "Only A Break Of Day" überzeugt mit dramatischen Streichern und einem sanften Bossa-Beat mit beherzten Banjopicks. "So Far" kommt als sehnsüchtige Ballade, perfekt zu einem dieser gelegentlichen Regentage, nachdem man die Sonne umso heller scheinen sieht. "Cry Me A River" wird hier zum coolen, düsteren Blues, komplett mit fettem Kontrabass, Besenschlagzeug und Slidegitarrenriffs. Die verhalten optimistische "Symphony", dem einen oder anderen vielleicht schon als Musik zum aktuellen SKL-Spot bekannt, will man sofort mitsingen. "I Am Late", der krönende Abschluss, verwandelt schließlich schlechte Eigenschaften in einen wunderschönen Popsong, zeitlos schön und absolut modern. Diese Lieder, diese Stimme, die gekonnt gelungene Produktion mit all ihren Feinheiten aber ohne Schnörkel, nimmt einen auf, spricht direkt die Gefühlswelt an, mal beseelt, berührt und beruhigt sie, mal springt und regt sie den Hörer an. Milla Kay und ihre Musik wirken sofort. Sie bleiben hängen, im Ohr und in der Seele. Damit geht alles besser. Wirklich alles.


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