berthold passt immer

Tuey Connel

"Is This Love" verspricht das interessanteste (Jazz-)Debuetalbum des Jahres zu werden, und das in mehr als einer Hinsicht. Da faellt natuerlich an erster Stelle Tuey Connells Stimme auf, die Soul und Sophistication, jugendliche Laessigkeit und Coolness ausstrahlt. Unwillkuerlich denkt man an Frank Sinatra und Johnny Hartmann, nicht als kopierte, zugleich unerreichte Vorbilder, sondern als Brueder im Geiste. Und natuerlich hat der Einfluß seiner Wahlheimatstadt Chicago, die Groessen des Blues und Jazz wie Willie Dixon und Oscar Brown Jr. hervorgebracht hat, bei ihm und seinen Musikern elementare Spuren hinterlassen. In Chicago hat sich in den 90er Jahren wieder eine vielschichtige Jazz- und Blues- Szene entwickelt.. Gerade unter den jungen Musikern um Tuey Connell ist das Bewusstsein für die lange Tradition und die unterschiedlichen Stilvarianten des Jazz lebendig und der oertliche Blueseinfluß deutlich praesent.



Songs for Joy and Sadness


Nachdem Van Morrison eine Handvoll CDs junger SängerInnen von seinem spanischen Promoter zum Anhören bekommen hatte, hielt er mit seiner Begeisterung für Tuey Connells Debut "Is This Love" nicht zurück. Und welch schönere Bestätigung kann man sich da für einen aufstrebenden Singer-Songwriter vorstellen, der sein musikalisches Terrain zwischen urbanem Jazz und der zeitlosen Eleganz des klassischen American Songbook gewählt hat.

 

Als der mittlerweile zwischen Chicago und New York pendelnde Sänger im vergangenen Februar mit dem Steve Klink Trio seine ersten Deutschlandgigs mit sym-pathischer und mitreissender Bühnenshow präsentierte, hatte er bereits einige seiner neuen Stücke im Repertoire.

 

"Songs for Joy and Sadness" fängt die Licht- und Schattenseiten der Liebe in einem breitgefächerten emotionalen Spektrum ein. Die Lyrics korrespondieren mit den musikalischen Harmonie- und Tempiwechseln, und die solistischen Einlagen der Instrumentalisten sind dramaturgisch wirkungsvoll in die Geschichten der Songs eingebettet. Im Opener "When Joy Hits Town" evoziert Connell die unbeschwerte, heitere Stimmung der kind-lichen Vorfreude auf das alljährliche Zirkusereigniss, die sich auf die ganze Stadt überträgt.Ganz euphorisch im ersten Verliebtsein und mit rauschender Festfreude swingt er durch ?This Has To Be The One? und "Strawberries At Midnight". Aber wie so oft, nichts währt ewig, wie er in "Love Just Took A Bow" konstatiert: die Vorstellung ist vorbei, im grellen Licht nach der Show glänzen nur noch die Scherben. Doch in Selbstmitleid und Melancholie will der Sänger nicht versinken, seine Song-Charaktere trotzen den geplatzten Träumen wie in "I'll Live Another Day" und "Life's Too Short To Be Unhappy". Im Midtempo-Samba "What Is Love" findet er zwar keine Antworten, stattdessen umso mehr Fragen, die Achterbahnfahrt der Gefühls-zustände mündet dennoch in einem wunderbaren musikalischen Abschluß.

 

Die Mehrzahl der Songs stammt wieder aus Tuey Connells eigener Feder (teils in Tandemarbeit mit dem Chicagoer Organisten Mike Allemana) und beweißt, daß auch heute noch das Ausdrucksspektrum und die Qualität der großen Broadwayshow-und Jazzkomponisten erreicht werden kann.

 

Für "Is This Love" hatte er seine Band mit Hammond Orgel ins Studio geholt, nun schwebte ihm für seine neuen Aufnahmen die Besetzung des Erfolgsalbums eines seiner Idole, Johnny Hartmanns mit John Coltrane, vor. Dabei griff er wieder auf zwei Mitgliederseiner Band, den wirklich beeindruckenden Saxophonisten Geof Bradfield und Matt Ferguson am Bass, zurück und lud zudem den Chet Baker-Pianisten Dennis Luxion und Wynton Marsalis-Drummer Dana Hall ein. Es ging ihm aber weniger um die direkte musikalische Verbeugung vor Hartman und Coltrane als um dieses Live-im-Studio-Gefühl, das heute den meisten Vokalalben leider fehlt.

 

Tuey Connell fand in David Baker, einem der profiliertesten Tontechniker, der ja nicht zuletzt viele Minor-Music-Produktionen in New York betreute, den geeigneten Ingenieur, um dieses erstrebte Analog-Direct-to-2-Track-Feeling einzufangen. Die ungeheure Konzentration, die nötig ist, unter diesen Umständen neue Songs einzu-spielen, hört man ihm nicht an. Scheinbar mühelos und völlig relaxed gibt er den Swing und Groove für seine Songs vor. Mit seinem zweiten Album zeigt Tuey Connell, daß er zwar Bezug auf seine Vorbilder, die von Frank Sinatra bis Chet Baker, von Nat King Cole bis Johnny Hartman reichen, nimmt, aber bereits seine eigene Stimme und Vision gefunden hat.

 

Tuey connell. songs for joy and sadness mm 801095


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