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 Armenonville

Armenonville, ein sich am Stil Pariser Lokalitäten orientierendes Luxusrestaurant, eröffneten Carlos Lanzavechia und Manuel Loureiro 1910 in Buenos Aires. Am Anfang hatten die beiden ehemaligen Tellerwäscher und Kellner, die sich aus der Provinz hochgearbeitet hatten, der Musik keine größere Rolle in ihrem Etablissement zugedacht. Wenn da nicht die Freundschaft zu Pionieren des Tango wie Juan Maglio ?Pacho? gewesen wäre: Im großen Ballsaal des Armenonville gaben die führenden Künstler und Gruppen ihrer Zeit offizielle Konzerte, danach ging es in den von Privatleuten angemieteten Separées erst richtig los. Die Begüterten trafen hier auf die Halbwelt, endlose Geschichten ranken sich um die Gäste und die Atmosphäre des Restaurants.

 

Ihren Siegeszug in Argentinien trat die Musik von Künstlern wie Pacho ? der eine seiner ersten Tangokompositionen, die sich in gedruckter Fassung zum Bestseller entwickeln sollte, nach dem Armenonville benannte ? übrigens erst an, als Europa ihr bereits zu Füßen lag. Das Restaurant war für die zehn Jahre seines Bestehens Zentrum des klassischen Tango. Der Sänger Carlos Gardell wurde zur Symbolfigur dieses Stils. Für die moderne Ausrichtung des Tango fiel diese Rolle später Piazolla zu.

 

Ursprünglich stammt der Tango aus den Vorstädten und Slums von Buenos Aires. Wie beim Jazz und der Musik Cubas trafen auch hier europäische und afrikanische Elemente aufeinander. Der Weg von der Tanzmusik der Armen zum Kulttanz des Establishments war recht kurz, deutlich beschleunigt durch den Erfolg in der alten Welt vor einhundert Jahren. Nachdem gerade hier lange Zeit die konzertant ausgerichteten Formen des Tango Nuevo im Mittelpunkt des Interesses standen, übt der Tango heutzutage vor allem in Deutschland eine neue Faszination aus, als Tanzform nämlich, verbunden mit dem Stil seiner Blütezeit in den ersten Jahrzehnten des 20sten Jahrhunderts.In diesem Punkt treffen die Interessen und Anliegen der Gruppe Armenonville auf den angesagten Trend ?zurück zu den Wurzeln des Tango?, der ?guarda veja?, personifiziert von Carlos Gardell. Armenonville verkörpert den Stil und die Atmosphäre Gardells, als die Tangointerpreten, die Orquestas tipicas mit ihren Sängern in den großen Ballsälen den Tangueros zum Tanz aufspielten. Dieser Stil, in Europa fast in Vergessenheit geraten, zeichnet sich aus durch seinen unprätenziösen volksmusikalischen Charakter. Thema des Tango ist das aus der Liebe entstandene Leid, das der Sänger/die Sängerin beklagt. Die Melodien und Strukturen sind einfach, die Phrasierungen und Interpretationen schwelgen in Gefühlen. Die Zuhörer und Tänzer leiden mit der Musik und den Texten und verwandeln die ihnen innewohnenden Emotionen in ausdrucksstarken Paartanz.

 

Die Gründungsmitglieder von Armenonville, Sänger und Gitarrist Eduardo Notrica aus Buenos Aires und Bassist Klaus Janek aus Oberitalien, fühlen sich zu dieser Art des Ausdruck hingezogen und verfolgen die Idee, mit einem kleinen Orquesta tipica mit Tangosänger die Atmosphäre und Herzlichkeit der ?guarda veja? zu vermitteln. Dem historischen Repertoire mit Tango, Milonga und Valse Criollo der führenden Komponisten jener Zeit wollen sie zu neuem Leben und Ansehen verhelfen. Geige und Bandoneon vervollständigen den Klangkörper von Armenonville. Seit 1997 führten Konzertreisen die Gruppe durch ganz Europa. Ein Teil der Aufnahmen entstand in Buenos Aires. Je nach Anlass tritt die Gruppe auch mit einem oder mehreren Tanzpaaren auf. Zusammen mit der Choreographin Susanna Bonasewicz haben Armenonville ein abendfüllendes Tanzopus entworfen, daß demnächst seine Premiere feiern wird.


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